Herr Widmayer, Sie sind Prorektor der KV Luzern Berufsfachschule. Was schätzen Sie an Ihrem Beruf?
Mir gefällt der interessante und abwechslungsreiche Mix an Organisations-, Betreuungs- und Entwicklungsaufgaben. Zudem habe ich als Mitglied der Schulleitung auch ein kleines Unterrichtspensum, durch welches der Kontakt zu den Lernenden und zum Unterrichtsgeschehen erhalten bleibt.
Spannend und herausfordernd ist im Moment natürlich die Frage, wohin sich der kaufmännische Beruf durch die Digitalisierung entwickeln und welche Auswirkungen dies auf unsere Schule bzw. den Unterricht haben wird.
Was reizt Sie daran, einen neuen Lehrgang aufzubauen?
Wenn man die heutigen Bildungspläne in der Berufslehre anschaut, dann wird der Erwerb von digitalen Kompetenzen (mit Ausnahme der Informatikberufe) nicht genügend stark gewichtet. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil die Bildungspläne einen Zeithorizont von mehreren Jahren haben und so eher langsam auf Entwicklungen reagieren können.
Obwohl z.B. der Megatrends Digitalisierung in Riesenschritten auf uns zukommt, fehlen im Moment jedoch auch in der beruflichen Weiterbildung entsprechende Angebote. Es sind zwar wenige Einzelkurse oder Lehrgänge anzutreffen, welche den Bereich Digitalisierung auf strategischer Ebene behandeln, jedoch existieren keine in sich geschlossenen Bildungsgänge auf operativer Ebene, welche die konkreten Möglichkeiten der Digitalisierung in einer kaufmännischen bzw. administrativen Tätigkeit aufzeigen und erlebbar machen.
Die beiden Schulleitungen der Berufsfachschule und der Berufsakademie haben deshalb beschlossen, neu einen Lehrgang «Digital Business Skills» zu konzipieren. Dieser Lehrgang soll es den Teilnehmern ermöglichen, ein Verständnis für die derzeitigen Möglichkeiten der Digitalisierung zu erlangen, um so auch mit den zukünftigen Entwicklungen mithalten zu können.
Wo liegen die Schwerpunkte im Unterricht?
Ausgangspunkt sind die Tätigkeiten in einer betriebswirtschaftlichen bzw. administrativen Funktion. Dabei geht es ja meistens um Informationen bzw. Daten von Kunden, Mitarbeitern, Produkten usw. Wir wollen in diesem Lehrgang zeigen, welche Möglichkeiten (neue) digitale Instrumente bei der Erfassung, Verarbeitung und Präsentation dieser Daten bieten können.
Konkret ist der Lehrgang in fünf Module aufgeteilt:
1. Informationsverarbeitung, d.h. wie können wir mit geeigneten digitalen Instrumenten Informationen erfassen, auswerten und zielgruppengerecht visualisieren (beispielsweise Webtools, Office-Apps, Excel)2. Datenmanagement und -sicherheit, d.h. wie speichern wir unsere Daten sicher und zuverlässig mithilfe geeigneter Speichermedien (z.B. Cloud-Systeme, Verschlüsselungstechniken)3. Internet-Technologie, d.h. welches sind die Grundlagen, um Internet-/Intranetseiten zu erstellen und zu bewirtschaften (beispielsweise HTML/CSS, Tools zur Erstellung von eigenen Internetseiten)4. Interne und externe Geschäftskommunikation, d.h. welches sind die Grundprinzipien und Einsatzmöglichkeiten digitaler Kommunikationsmedien (z.B. Blog/Newsletter, Social-Media-Kanäle wie Facebook/LinkedIn, virtuelle Gruppen)5. Digitale Geschäftsprozesse, d.h. welches sind Merkmale und Auswirkungen digitalisierter Prozesse (beispielsweise digitale Zahlungsmittel, Crowd-Funding, CRM).
An wen richtet sich der Lehrgang konkret? Wem können Sie ihn empfehlen?
Dieser Lehrgang richtet sich grundsätzlich an alle Berufsleute, die in einem betriebswirtschaftlichen oder administrativen Umfeld arbeiten und aufbauend auf den klassischen Office-Kenntnissen (Excel, Word, PowerPoint) neue digitale Arbeitsmethoden und –instrumente kennenlernen wollen.
Speziell interessant ist dieser Lehrgang für Fach- und Führungskräfte sowie Direktionsassistentinnen, weil wir neue digitale Methoden zeigen, welche die tägliche Arbeit effizienter gestalten lassen. Der Lehrgang eignet sich zudem auch für Lehrabgänger mit sehr guten Office-Kenntnissen.
Warum soll jemand diese Weiterbildung Ihrer Meinung nach unbedingt besuchen?
Es gibt bzw. gab in der wirtschaftlichen Entwicklung immer wieder markante Einschnitte, welche die Rahmenbedingungen und Anforderungen an die Mitarbeitenden stark verändert haben; denken wir zum Beispiel an den Einzug der Computer in die Bürowelt gegen Ende des 20. Jahrhunderts.
Ich meine, dass wir im Moment wieder an einem solchen Scheideweg stehen. Nur heisst es im Moment nicht «Computerisierung», sondern Digitalisierung. Die bisher erworbenen IT-Kenntnisse sind nach wie vor notwendig, jedoch genügen sie nicht mehr, um in einer immer stärker werdenden, digitalen, vernetzten Welt arbeiten zu können. Dieser Wandel zeigt sich darin, dass immer mehr Routinetätigkeiten automatisiert werden. Das Anforderungsprofil an Mitarbeiter/innen wird deshalb anspruchsvoller werden. Um diesem veränderten Anforderungsprofil zu genügen, sind neue Kompetenzen gefragt.
Was sind konkret die Stärken dieser Weiterbildung?
Der Begriff der Digitalisierung ist zu einem allgegenwärtigen Schlagwort geworden. In diesem Lehrgang werden wir etwas hinter die «Kulissen» blicken, wo nämlich digitale Instrumente in betriebswirtschaftlichen Prozessen bereits eingesetzt werden.
Wir zeigen aber nicht nur, welchen Einfluss die Digitalisierung auf verschiedene Geschäftsbereiche hat, sondern wenden digitale Instrumente auch explizit als Unterrichtsmethode an. Das Stichwort dazu lautet Blended Learning, d.h. im Lehrgang gibt es eine Kombination von klassischem Unterricht und eLearning-Modulen, welche die Präsenzzeiten ergänzen und unterstützen.
Kurz zusammengefasst versuchen wir den Teilnehmenden ein umfassendes Wissen und Können zur Digitalisierung im Büroalltag zu vermitteln.
Jan Widmayer, Lehrgangsleiter
Start erster Lehrgang: Donnerstag, 25. Oktober 2018
Nächste Infoveranstaltung: Dienstag, 5. Juni 2018
